Predictive Analytics: Fähigkeiten zur prädiktiven Datenanalyse werden zukünftig die wichtigste Kompetenz von Mitarbeitern und Management im HR-Bereich sein.

Die Digitalisierung gestaltet und beeinflusst heutzutage ausnahmslos alle gesellschaftlichen Bereiche. Sie macht keinen Halt vor Politik, Wirtschaft und unserem Sozialleben. Aus aktuellem Anlass kann der US-amerikanische Wahlkampf als Bespiel für die Digitalisierung der Politik herangezogen werden. E-Campaigning ist ein zentrales Instrument amerikanischer Präsidentschaftskandidaten. Vorreiter diesbezüglich war Barack Obamas Wahlkampf 2008. Über soziale Medien und seiner interaktiven Homepage, präsentierte er sich als modernen Politiker. Dadurch konnte er vor allem auch seine jungen Anhänger überzeugen und für sich gewinnen. Barack Obama und sein Wahlkampfteam revolutionierten zudem mit Online- Fundraising auch die Wahlkampffinanzierung. Der derzeitige Präsident gab sich als innovativen Politiker, was ihm bis heute als Erfolgsrezept seines Wahlsieges nachgesagt wird.

Wir lassen es zu, dass Digitalisierung immer stärker in unser soziales Leben eindringt. Sei es eine neue apple-watch, oder der aktuelle Trend der Fitnessarmbänder, welche unseren Lebensstil kontrollieren und uns entsprechende Maßnahmen aufzeigen – Technik dominiert immer stärker unser Leben! Demzufolge steigen unsere Ansprüche an Technik stetig an. Hier sehen sich Unternehmen vor neue Herausforderungen, auf diese dynamischen und gesellschaftlichen Trends einzugehen, diese frühzeitig zu erkennen, um den Arbeitsmarkt als Leader mitgestalten zu können. Unternehmen müssen zudem Prozesse etablieren, um mit den wachsenden Datenmengen umgehen zu können. Digitalisierung spielt deshalb bereits eine zentrale Rolle in Unternehmen. Doch es wird bereits einen Schritt weitergedacht- Arbeiten 4.0! Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales versteht darunter ein vernetztes, digitales und flexibles Arbeiten, was die Arbeit der Zukunft gestaltet. Diese zunehmende Vernetzung zwischen Mensch und Maschine wird völlig neue Produkte und Dienstleistungen generieren. (2015: 35)

Eine aktuelle Studie von MHP zeigt, dass die Digitalisierung heute vor allem Ausmaße auf den IT-Bereich hat, gefolgt von Marketing, Forschung und Entwicklung sowie Logistik. Eine Erkenntnis der Studie ist jedoch auch, dass das Ausmaß auf das Human Ressource Management (im Folgenden mit HRM abgekürzt) nicht zu unterschätzen sein wird. Der Fokus dieser Studie liegt auf der Analyse der Digitalisierung von HR und deren Auswirkungen. 160 Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen haben an der Befragung teilgenommen. Vorrangig handelt es sich um Mitarbeiter aus dem HR Bereich gefolgt von Teilnehmern aus der IT und sonstigen Abteilungen. Bei drei von vier Unternehmen wird die Digitalisierung der HR Funktionen eine zentrale Rolle spielen. HR wird demnach von den Befragten als Haupttreiber der Digitalisierung eingeschätzt.

Die Ziele einer Digitalisierung im HRM umfassen neben der Vereinfachung von HR-Prozessen auch den nicht zu unterschätzenden Vorteil einer Automatisierung sowie die Sicherstellung digitaler Kompetenzen. Nennenswerte Kosteneinsparungen sind ein weiterer Effekt. Mitarbeiter aus dem Personalbereich sind heute noch zu 80% damit beschäftigt, Daten zu sammeln und aufzubereiten. Die lediglich verbleibenden 20% werden für beratende, strategische Tätigkeiten genutzt. Durch die soeben genannten Vorteile, werden sich diese Zahlen wenden, da durch das Automatisieren administrativer Prozesse, Kapazitäten für eben diese bedeutsamen Funktionen frei werden.(MHP- Studie 2016)

Eine innovative Unternehmenskultur zu schaffen, aber vor allem auch das Change Management zu begleiten und digitale Kompetenzen zu gewinnen und zu binden, sind Themen, welche das HR-Management im Digitalisierungsprozess antreiben. Die Befragten sehen vor allem das Recruiting und HR Analytics sowie die Wissensvermittlung, welche MHP zu Folge zukünftig weitestgehend über das Smartphone stattfinden wird, als die von der Digitalisierung am stärksten betroffenen HR-Prozesse. HR Analytics spielt heute in den meisten Unternehmen noch keine große Rolle, die Befragten sind sich aber sicher, dass die Bedeutung in den nächsten Jahren enorm zunehmen wird. Prädiktive Analyse wird demzufolge als zentrales Instrument im HR Bereich der Zukunft gesehen. Die Analysefähigkeiten der HR-Mitarbeiter werden demnach als unabdingbare Kompetenz von zukünftiger HR-Arbeit bewertet. (ebd.) Vor allem das „predictive analytics“ wird eine zentrale Rolle spielen. „[…], analytics is about taking something apart to understand it better.“ (Fitz-E. J 2010: 5) Es geht bei Analytik also nicht allein um Statistiken, wie auch folgende Abbildung verdeutlicht:

Abb. 1)

Bild

Es handelt sich vielmehr um eine Interdependenz zwischen Kunst und Wissenschaft: „The arts teach us how to look at the world. The sciences teach us how to do something. […] Analytics is a mental framework , a logical progression first and a set of statistical tools second.” (Fitz-E. J 2010: 4)

Predictive Analytics meint die Vorhersage künftiger Zustände und Entwicklungen auf Basis von identifizierten Mustern, welche aus Vergangenheitsdaten gewonnen werden. Die Bereitstellung zukunftsgerichteter Informationen, dient der Planung sowie der proaktiven Steuerung von Prozessen. Historische Daten geben Aufschluss über Regelmäßigkeiten und Zusammenhänge, welche in Folge für die Prognose künftiger Trends und Entwicklungen genutzt werden können. Für das Human Resource Management öffnet dies neue Türen. Die Informationen über künftige Entwicklungen sind vor allem in der Personalplanung und Personalsteuerung relevant. Solche validen Prognoseinformationen sind für das HR-Management enorm wertvoll. Werden negative Entwicklungen prognostiziert, kann rechtzeitig mit spezifischen Maßnahmen entgegengewirkt und proaktiv gehandelt werden. Im Gegenzug können im Falle positiver Entwicklungen Chancen frühzeitig erkannt und wahrgenommen werden, um somit der Konkurrenz einen Schritt voraus zu sein! Prädiktive Analyse ist bereits vor allem im Marketing ein etabliertes Werkzeug. Im HR-Bereich ist diese Methode jedoch noch keine verbreitete Praxis, was jedoch nicht an technologischen Mitteln scheitert. Es bestehen bereits kommerzielle Angebote von Predictive HR Analytics-Softwares. Vor allem die Prognose individuellen Verhaltens einzelner Mitarbeiter wird derzeit kaum praktiziert, wie die Vorhersage von Fluktuation und Absentismus. Als Gründe hierfür wird neben dem Mangel an vorgefertigten Analysen in HR Standardsoftwares, auch die daraus resultierende Komplexität der Durchführung gesehen. Mangelnde Verfügbarkeit von Daten, die damit zusammenhängende fehlende prognostische Validität, Akzeptanzprobleme auf Mitarbeiterseite sowie datenschutzrechtliche Einschränkungen sind ebenfalls Hürden, die das HR überwinden muss, um die Bedingungen für die Umsetzung prädiktiver Analysen zu schaffen. (Strohmeier et. al 2015: 342ff.)

Eine nicht zu unterschätzende Problematik ist noch immer das Akzeptanzproblem der HR-Mitarbeiter. Diese sehen in der Digitalisierung eine Bedrohung ihrer Existenz. Personalmanager fürchten, dass ihr Beruf überflüssig wird. Diese negative sowie passive Haltung gegenüber einer Digitalisierung im HR-Bereich verhindert, dass Digitalisierung zur Stärkung der eigenen Position und zur Erweiterung der Wertschöpfung genutzt werden kann. (Cachelin 2013: 51)

Die frei werdenden Kapazitäten und die damit einhergehenden Tätigkeiten (Change Management, Beratung und Strategie) werten die Bedeutung des HRM deutlich auf. Oder wie Dr. Joel Luc Cachelin, Gründer und Geschäftsführer der Wissensfabrik, Sankt Gallen, Schweiz, pointiert formuliert: „Der Einsatz der Maschinen kann zu mehr Menschlichkeit führen.“ (ebd.)

Gehen wir nochmals zurück an den Anfang dieses Beitrages, wenn es um die richtungsweisende Online-Kampagne Barack Obamas geht. Er und sein Team waren innovativ, progressiv, kreativ und vor allem mutig, eine neue, digitalisierte und moderne Form des Wahlkampfes zu gestalten und damit, bekanntermaßen, sehr erfolgreich.

 

Quellen:

  • Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Grünbuch. Arbeiten 4.0, Berlin, 2015: http://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Publikationen-DinA4/gruenbuch-arbeiten-vier-null.pdf?__blob=publicationFile, aufgerufen am 28.04.2015
  • DR. JOËL LUC CACHELIN: Digitalisierung als Reifeprozess. In: Personalmagazin, Heft 11/2013, S. 51
  • Fitz-E. J.: The New HR Analytics. Predicting the Economic Value of Your Company’s Human Capital Investments. New York: AMACOM; 2010
  • Strohmeier S., Piazza F., Neu C.: Trends der Human Resource Intelligence und Analytics. In: Strohmeier S., Piazza F.(Hrsg.): Human Resource Intelligence und Analytics. Grundlagen, Anbieter, Erfahrungen und Trends. Wiesbaden: Springer Gabler, 2015, S.339-367

 

Abbildung:

  • Fitz-E. J.: The New HR Analytics. Predicting the Economic Value of Your Company’s Human Capital Investments. New York: AMACOM; 2010, S.4